Steinbruch Wartenberg

Posted on

von VOLKER WREDE, MANFRED R. BRIX & HANS-PETER NOLL

TL;DR (Too long; did’nt read)

Der ehemalige Sandsteinbruch auf zuvor bergbaulich genutztem Gelände exponiert eine 200 mächtige Schichtenfolge des Steinkohlengebirges mit zahlreichen Flözen. Sie ist der Sprockhövel-Formation zuzuordnen. Der beindruckende, bereits von weitem sichtbare Aufschluss ist als Natur- und als Bodendenkmal ausgezeichnet. Er wird vom GeoPark Ruhrgebiet verwaltet und ist nur im Rahmen von Führungen zugänglich.

Der Sandsteinbruch Wartenberg in Witten-Gedern schneidet von Westen her den Wartenberg an und erschließt ein etwa 200 m mächtiges Profil innerhalb der Sprockhövel-Formation (Namurium C). Es enthält fast alle wesentlichen Elemente, die für das flözführende Oberkarbon (Silesium) des Ruhrkarbons typisch sind. Es handelt sich um einen Aufschluss von überregionaler Bedeutung, der als Naturdenkmal aus erdgeschichtlichen Gründen geschützt ist. Seit Ende des 18. Jahrhunderts bis nach dem 2. Weltkrieg ist im Bereich des Steinbruchs und in der östlichen Fortsetzung Steinkohlenbergbau belegt. Abgebaut wurden die Flöze Neuflöz und Wasserbank 1.

Der Steinbruch Wartenberg liegt auf der Nordflanke des Kirchhörder Sattels, eines Spezialsattels innerhalb der Wittener Hauptmulde. Am Westrand des Steinbruchs wird der Aufschluss von einer westfallenden Abschiebung (Verwurf ca. 70 m mit zusätzlicher Horizontalkomponente) begrenzt, deren chaotisch gelagerte Störungszone gut aufgeschlossen ist. Auf der oberen Sohle des Bruchs lässt sich die vollständige Schichtenfolge von Flöz Gottessegen bis Flöz Wasserbank im Detail studieren (Abb. 1).

Abb. 1: Studentin bei der Aufnahme der Schichtfolge.

Die stratigraphische Abfolge ist in mehrere Zyklen gegliedert. Jeder Abschnitt beginnt im Prinzip mit einer klastischen Abfolge und endet mit Moorbildungen. Die Mächtigkeit der einzelnen Abschnitte beträgt zwischen 15 m und 30 m. Es treten sowohl Zyklen mit einer Kornvergröberung von unten nach oben auf als auch Zyklen mit einer Kornverfeinerung. Die „coarsening-upward“-Sequenzen reichen von marinen Tonsteinen bis zu deltaischen Sandsteinen und limnischen Schluffsteinen mit Wurzelböden und Kohleflözen. Die „fining-upward“-Sequenzen reichen von grob- bis feinkörnigen Rinnensedimenten bis zu Auenbildungen mit Kohleflözen. Beide Profilentwicklungen beschreiben die Sedimentation im südlichen Ruhrbecken, der gekennzeichnet ist durch den raschen Wechsel von marinen Ingressionen und deltaischen und fluviatilen Faziesräumen.

Das Profil der oberen Sohle beginnt mit den Siltsteinen und Sandsteinen im Liegenden von Flöz Gottessegen. Über dem unreinen und hier nicht bauwürdigen Flöz Gottessegen erfolgte eine marine Ingression. In den feinkörnigen Tonsteinen sind spärlich marine Fossilien (Lingula, Grabgänge von Planolites ophtalmoides) zu finden. Die marinen Tonsteine werden mit scharfer Grenze überlagert vom Sandstein unter Flöz Besserdich. Er ist im unteren Teil parallelgeschichtet, im höheren schräg-geschichtet. Dort deuten Gezeitenbündel auf Gezeiteneinfluss (Watt- bzw. Prielbildungen) hin.

Der Wurzelboden im Liegenden von Flöz Besserdich-Unterbank ist in einer größeren Schichtfläche mit zahlreichen, bis zu 1 m langen Stigmarien aufgeschlossen. Bei den Stigmarien handelt es sich um die Wurzelorgane von Lepidodendren (Schuppenbäume). Flöz Besserdich-Unterbank ist wie auch Flöz Besserdich-Oberbank nur wenige cm mächtig. In dessen Hangenden stehen eben geschichtete Ton- und Siltsteine mit marinen Fossilien (Goniatiten, Linguliden, Muscheln) und Lebensspuren (Planolites ophthalmoides) an. Darüber sind auf einer großen Schichtfläche Pflaster nichtmariner bis brackischer Muscheln (Carbonicola lenicurvata, Naiadites hibernicus) zu beobachten. Die feinklastische marine und brackische Schichtenfolge im Hangenden von Flöz Besserdich schließt nach oben mit sandigen Sedimenten ab, deren schwache Durchwurzelung (Hinnebecke-Niveau) eine erneute Verlandung anzeigt. Der nun folgende marine Hinnebecke-Horizont mit Goniatiten (Donetzoceras sigma) und Muscheln wird erosiv vom Neuflöz-Sandstein überlagert.

Die mächtigen marinen Sedimente über den Flözen Gottessegen, Besserdich und Hinnebecke belegen für diesen Schichtenabschnitt insgesamt ein Ablagerungsmilieu vorwiegend in küstennahen Becken und Buchten. Auch die beschriebenen fluviatilen Sandsteine mit ihren Gezeiteneinflüssen belegen ein Milieu in Meeresnähe, beispielsweise in Flussästuaren.

Der nun folgende Neuflöz-Sandstein greift deutlich erosiv in die unterlagernden Schichten des Hinnebecke-Horizontes eingreift. Der Hinnebecke-Horizont ist normal 15–20 m mächtig, davon sind hier jedoch infolge der Erosion durch den Neuflöz-Sandstein nur etwa 3 m erhalten. Dieser erosive Kontakt des fluviatilen Neuflöz-Sandsteins deutet auf einen rasch absinkenden Meeresspiegel hin. In dessen Folge schnitten sich die Flüsse aus dem Hinterland tief in den Beckenuntergrund ein und erodierten Teile der zuvor gebildeten Sedimente. Die mehrere Zehnermeter mächtigen Sandsteine zeigen häufig Rinnenbildungen und erosive Kontakte. Die Sandsteine führen bereichsweise Konglomeratlagen. Häufig sind grobe Treibhölzer eingebettet, bis hin zum so genannten Sandflöz-Niveau, einer lagenförmigen Zusammenschwemmung von kohlig erhaltenen Treibholzresten in einem Sand-Ton-Gemenge.

Über dem Neuflöz-Sandstein liegt Flöz Neuflöz, das vor der Anlage des Steinbruchs von der Zeche Bergmann abgebaut wurde. Die ursprüngliche Kohlemächtigkeit von ca. 0,5 m ist direkt unter der Steinbruchoberkante noch erkennbar, der darunter gelegene Abbauhohlraum hat sich mittlerweile wieder weitgehend geschlossen. Ein Schienenrest, der aus der Steinbruchwand ragt, ist ein deutliches Relikt des früheren Bergbaus.

Flöz Neuflöz wird erneut von einem Sandstein überlagert, der zur Flöz- und Sandsteingruppe Wasserbank überleitet. Flöz Wasserbank 1 ist ebenfalls weitgehend abgebaut. Der Wurzelboden unter Flöz Wasserbank 1 bildet eine große freiliegende Schichtfläche voller Stigmarien.

Über dem Flöz Wasserbank 1 folgen 3 m Auensedimente mit zahlreichen Pflanzenresten und einer dünnen Kohlelage. Über einem weiteren, ca. 10 m mächtigen fluviatilen Sandstein liegen dann die dünnen Kohleflöze Wasserbank 2 und 3.

Im Gegensatz zu dem stärker marin beeinflussten Abschnitt von Flöz Gottessegen bis Hinnebecke ist der im Steinbruch aufgeschlossene jüngere Schichtenabschnitt der Sprockhövel-Formation vom Neuflöz-Sandstein bis zu den Wasserbank-Flözen einer eher fluviatilen Entwicklung zuzuordnen.

Führungen im Steinbruch bieten das Stadtmarketing Witten und die Firma Geotouring an.

Quellen

Wrede, V. (2018): Exkursionsführer: der Steinbruch Rauen bei Witten Gedern.- In: Gerschel H. & Wrede, V. (Hrsg.): Schicht im Schacht? Der Steinkohlenbergbau an der Ruhr. – Exkurs. F. und Veröfftl. DGG, 259: S. 133-137. 6 Abb.; Hannover

Wrede, V.; Brix, M. R. & Noll, H.-P. (2009): Exkursion im Ruhrgebiet – Witten, Bochum, Dortmund Bövinghausen.- Exkurs. F. und Veröfftl. DGG, 238: S. 82-92. 14 Abb.; Hannover

3D-Modell

Impressionen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert