ein Beitrag der Universität Bonn
TL;DR (Too long; did’nt read)
Eines der bemerkenswertesten geologischen Naturdenkmäler Europas befindet sich direkt an einer Bushaltestelle in Altenburg im Ahrtal. Es handelt sich um die sogenannte Cloos-Falte, benannt nach Hans Cloos, einem ehemaligen Professor für Geologie an der Universität Bonn, der von 1926 bis 1951 den Lehrstuhl für Geologie inne hatte und dessen Arbeit in vielen Geologie-Lehrbüchern zu finden ist.
Geologischer Hintergrund
Vor etwa 400 Millionen Jahren, während des Unterdevons, lag der Kontinent Laurussia nördlich einer imaginären Linie zwischen Düsseldorf und Aachen. Laurussia erstreckte sich von Nordeuropa bis zum Ural und umfasste auch Teile Nordamerikas. Zu dieser Zeit lag der Kontinent auf beiden Seiten des Äquators, was ein tropisches bis subtropisches Klima zur Folge hatte. Dies führte zu einer intensiven Verwitterung und Abtragung in den Gebirgen. Das erodierte Material, hauptsächlich Sand, Schluff und Ton, wurde durch Flüsse nach Süden transportiert und bildete ein riesiges Deltasystem, das am Rhein bis etwa Andernach reichte und ins Urmeer überging. Das Delta hatte eine flache Plattform mit vielen mäandrierenden Flussarmen und Tümpeln. Das Sedimentmaterial wurde weiter ins Meer transportiert, wobei die Mündungsarme des Deltas weit ins Flachmeer hineinragten.
Vor etwa 325 Millionen Jahren kollidierte weiter südlich der Kontinent Gondwana mit Laurussia, und die beiden Kontinente verschmolzen bis zum Perm zum Superkontinent Pangaea. Diese Kollision führte dazu, dass die Sedimente des Rheinischen Trogs zum sogenannten Variszischen Gebirge gestaucht und gefaltet wurden. Die Cloos-Falte ist ein Paradebeispiel für diese Prozesse.
Die Cloos-Falte
Hans Cloos, Professor für Geologie in Bonn von 1926 bis 1951 bearbeitete nach dem Krieg in der Gegend von Altenahr und Schuld gefaltete unterdevonische Schichtenfolgen. Von besonderem Interesse war jedoch der Kern eines nach Nordwesten geneigten Faltensattels in den mittleren Siegen-Schichten (Unterdevon) an der Straße bei Altenburg. Dieser Faltensattel ist eine Spezialfalte im Bereich des riesigen Südwest/Nordost streichenden (verlaufenden) Ahrtalsattels . Dort vermaß er mit dem Geologenkompass die Raumlage der Gefügeflächen, das heißt das Einfallen und Streichen der Schicht-, Kluft- und Schieferungsflächen.
Nach der graphischen Darstellung der Daten bemerkte er Gesetzmäßigkeiten, zum Beispiel, dass der Verlauf der quarzverfüllten Klüfte an den Schichtfugen der Sattelflanken in Richtung Sattelfirst versetzt ist und dass die Tonsteine (Tonschiefer) im Sattelkern parallel der Sattelachsenfläche geschiefert sind. Die hier gewonnenen Erkenntnisse flossen 1950 in die Arbeit „Gang und Gehwerk einer Falte“. Diese Arbeit bildet die Grundlage zum Verständnis der Faltenmechanik und bahnte der modernen Tektonik den Weg. Die besondere Leistung ist, dass H. Cloos in dieser Untersuchung scheinbar zufällige oder undeutbar erscheinende Strukturen auf mechanische Gesetzmäßigkeiten im Zuge einer einfachen Gesteinsdeformation, in diesem Fall durch Einengung der Erdkruste zurückführte. So lässt sich aus zugänglichen kleinen und großen Teilen eines Gesteinverbandes die nicht direkt sichtbare Architektur (Tektonik) eines Gebirges rekonstruieren. Die von ihm im Zuge der Geländearbeiten angefertigte Zeichnung der „Modellfalte“ wird noch heute in vielen Lehrbüchern der Geologie abgebildet.
Hans Cloos war ein Wissenschaftsromantiker, dessen geradezu enthusiastische und ansteckende Begeisterung für die Geologie beim Lesen seiner Texte und Betrachten seiner zeichnerischen Kunstwerke noch heute ansteckend ist. Der Aufschluss der Cloos-Falte befindet sich im Westen eines Umlaufberges der Ahr, der mit seinen Gesteinen der Siegen-Schichten wiederum eine Mulde darstellt. Umlaufberge sind „Inseln“ innerhalb einer durchtrennten engen Flussschleife.
Das trockengelegte Tal bei Altenburg liegt im Niveau der Niederterrasse und ist mit dem Alter von einigen tausend Jahren geologisch gesehen jung. Die Bildung des Ahrtales begann vor etwa einer Million Jahre, als der Fluss in einem noch weiten und flachen Tal und geringem Gefälle dem Rhein entgegenströmte. Zur damaligen Zeit erhob sich die Eifel als Teil des rheinischen Schiefergebirges nur wenig über die angrenzende Niederrheinische Bucht. Mit der verstärkten Anhebung des Gebirges vor ca. 700.000 Jahren war der Fluss, nun gefangen in seinem weiten Schlingenmuster, gezwungen, sich in das Gebirge einzuschneiden. Bedingt durch den Klimawechsel zwischen den Kalt- und Warmzeiten und einem rhythmischen Gebirgsaufstieg entstanden die Flussterrassen.
3D-Modelle
Literatur
Cloos, H. (1948): Gang und Gehwerk einer Falte. Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft, 100, p. 290 – 303
v. Koenigswald, Wighart; Simon, Klaus-Frank (Hrsg) (2007): GeoRallye Spurensuche zur Erdgeschichte, Bouvier, Bonn