Der Bromacker

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TL;DR (Too long; did’nt read)

Der Bromacker ist eine Fossilfundstelle für frühpermische Wirbeltiere, die hier dreidimensional und häufig vollständig erhalten sind. Das Ökosystem mit vielen Pflanzenfressern und wenigen Räubern (ähnlich wie heute) und die Möglichkeit, Spurenfossilien und deren Erzeuger nebeneinander zu finden macht diese Fundstelle gegenüber anderen, ähnlich alten Fossilfundstellen einzigartig. Daher ist er Teil des UNESCO Global Geoparks Thüringen Inselsberg-Drei Gleichen und auch Gegenstand aktueller Forschungsarbeiten, die man sich vor Ort oder online ansehen kann.

Überblick

Der Bromacker liegt im schönen Thüringer Wald, südlich von Gotha, im Norden der kleinen Stadt Tambach-Dietharz. Er ist Teil des UNESCO Global Geoparks Thüringen Inselsberg-Drei Gleichen. Die Besonderheit des Bromackers sind die dort gefundenen Fossilien, die ihn zu einer Fossilfundstelle von Weltrang machen, doch dazu später mehr. Geologisch wird der Thüringer Wald von Gesteinen des Oberkarbons und des Rotliegenden (Unterperm) dominiert (siehe Abbildung 1). Die Gesteine des Bromackers sind Teil der Tambach-Formation, in der Konglomerate, Sandsteine und Silt-/Tonsteine vorherrschen. Ältere Formationen des Thüringer Waldes enthalten große Mengen vulkanischer Gesteine, die in der Tambach-Formation bisher jedoch nicht beschrieben sind. Aus diesem Grund liegen für viele der älteren Formationen genaue Altersdatierungen vor, die ihr Alter auf 300-296 Millionen Jahre festlegen. Die Tambach-Formation und damit die Gesteine des Bromackers sind jedoch nicht absolut datiert. Dies und weitere Aussagen über die Ablagerungsbedingungen der Gesteine sind Teil aktueller Forschungen.

Abb.1: Geologische Karte des Thüringer Waldes mit der Lage des Bromackers. Die gelb hinterlegten Zahlen zeigen Probenpunkte aktueller, sehr präziser Datierungsarbeiten. Es ist zu sehen, dass keine Datierungen aus der Nähe des Bromackers vorliegen (Lützner 2021).

Lebensraum

Die am Bromacker gefundenen Lebewesen lebten im Tambach-Becken, dass wohl ein kleines Tal zwischen dem in Abtragung befindlichen Variszischen Gebirge und älteren Vulkanbauten war. Innerhalb dieses kleinen Tals flossen Flüsse, die nicht ganzjährig Wasser führten. Zwischen Flussläufen lagen ausgedehnte Schwemmebenen, auf denen Koniferen und andere kleinere Pflanzen wuchsen. In den Schwemmebenen gab es kurzlebige Seen oder eher Tümpel, was durch Fossilien von Muschelkrebsen und Süßwasserquallen, aber das völlige Fehlen von Fischfossilien gestützt wird (siehe Abbildung 2). Das Klima ist aktuell Gegenstand intensiver Diskussionen und Untersuchungen.

Abb.2: Rekonstruktion des Tambach-Beckens zur Zeit der Ablagerung der Gesteine des Bromackers (Quelle: Joschua Knüppe).

Fossilien

Die Fossilien sind die eigentliche Besonderheit des Bromackers. Neben vielen Spurenfossilien und Fossilien von wirbellosen Tieren wie Insekten oder den bereits erwähnten Süßwasserquallen sind es vor allem die Skelette von Landwirbeltieren, die das Interesse der Wissenschaftler*innen wecken. Diese sind dreidimensional und oft sogar noch im Skelettverband erhalten. Ein besonders bekanntes Fossil ist das „Tambacher Liebespaar“, zwei Exemplare von Fossilien der Gattung Seymouria sanjuanensis, die nebeneinander gefunden wurden (Abbildung 3). Viele der Arten des Bromackers sind sonst nur aus den USA bekannt. Am Bromacker wurde beispielsweise auch ein kleiner Vertreter der Gattung Dimetrodon gefunden.

Abb. 3: Das Tambacher Liebespaar, zwei Amphibien der Gattung Seymouria sanjuanensis. Die beiden können aktuell im Museum der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha besucht werden (Martens 2018).

Doch neben der sehr guten Erhaltung weist die Fossilienvergesellschaftung des Bromackers noch weitere Besonderheiten auf, die den Bromacker einzigartig machen. So ist der Bromacker die einzige Fundstelle paläozoischer Fossilien, an der Spuren und deren Erzeuger gemeinsam gefunden und in Zusammenhang gebracht werden können. Außerdem findet sich am Bromacker erstmals ein Ökosystem, in dem eine große Anzahl von Pflanzenfressern mit wenigen Räubern lebten, ähnlich wie in heutigen Ökosystemen. Von anderen Fundstellen terrestrischer Wirbeltiere aus dem frühen Perm ist dies nicht bekannt. Außerdem erlaubt die exzellente Erhaltung in Verbindung mit den gefundenen Spurenfossilien, Rückschlüsse auf das Bewegungs- und Ernährungsverhalten der Lebewesen zu ziehen.

Interessant ist dies auch aus einer evolutionären Sicht. Als die Lebewesen des Bromacker-Ökosystems die Erde bevölkerten, trennten sich gerade die Linien von Amphibien, Reptilien und Säugetiervorgängern voneinander. Einige der am Bromacker gefundenen Arten kann man also als unsere entfernten Vorfahren sehen.

Forschungsgeschichte

Die Sandsteine am Bromacker sind seit Jahrhunderten beliebte Werksteine und wurden daher in mehreren Steinbrüchen abgebaut. Dabei wurden Fußspuren von Invertebraten entdeckt, die spätestens seit 1890 von Prof. Wilhelm Pabst wissenschaftlich untersucht wurden.

Als Thomas Martens 1974 die Gesteine des Bromackers untersuchte, fand er einen ersten Knochen in den Siltsteinen, die zwischen den Sandsteinen liegen und für den Abbau uninteressant waren. Der Fund kam unerwartet, da Rotsedimente (wozu die Gesteine der Tambach-Formation gehören) dafür bekannt waren, eben keine versteinerten Knochen und Körperfossilien zu enthalten. Weitere Ausgrabungen zeigten jedoch, dass am Bromacker in der Tat versteinerte Skelette zu finden sind. Weitere Grabungen in den Folgejahren brachten die ersten zusammenhängenden Skelette verschiedener Gattungen zutage. Diese waren so bedeutend, dass es bereits vor 1990 Kontakte zu Forschern aus den USA gab. Ab 1993 gruben Wissenschaftler*innen des Carnegie Museum of Natural History in Pittsburgh am Bromacker selbst mit. Auch in dieser Zeit gab es viele Erstbeschreibungen von Arten. Ab 2010 ruhten die Arbeiten am Bromacker jedoch zunächst.

Abb. 4: Die Grabungsstelle (mit fleißigen Wissenschaftler*innen) im Jahr 2021.

Seit 2020 läuft das BROMACKER-Projekt, in dessen Rahmen wieder jährliche Grabungen stattfinden (Abbildung 4). Hier arbeiten Forscher*innen der Universität Jena, der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, des Museums für Naturkunde Berlin und des UNESCO Global Geoparks Thüringen Inselsberg-Drei Gleichen zusammen. Zur besseren Charakterisierung der Umwelt- und Ablagerungsbedingungen werden auch Forschungsbohrungen durchgeführt, die aktuellste erreichte eine Endteufe von 250 m.

Im Rahmen des neuen Projektes bedienen wir uns moderner Methoden, die während früherer Grabungen nicht verfügbar waren. Sehr hilfreich ist die 3D-Aufnahme, sei es von einzelnen Funden oder Strukturen, über Aufschlussaufnahmen zur besseren Zugänglichmachung und Dokumentation bis hin zur vollständigen 3D-Modellierung der Fundstelle sowie des gesamten Tambach-Beckens mit der Lage verschiedener Funde oder Gesteinseinheiten im Raum. Dadurch erhoffen sich die Wissenschaftler*innen, ein besseres Verständnis für die Lebens- und Einbettungsbedingungen der Fossilien an diesem besonderen Ort vor ca. 290 Millionen Jahren zu erlangen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Projekts ist der Wissenstransfer und die Einbeziehung der Öffentlichkeit. Deshalb könnt ihr uns auch im Sommer an der Grabung und der diesjährigen Bohrung besuchen sowie zu bestimmten Terminen im Schloss Friedenstein in Gotha oder im Museum für Naturkunde Berlin.

Ganzjährig zu sehen sind Funde der Grabungen und weitere spannende Ausstellungsstücke vor allem im Museum in Gotha, ihr könnt allerdings auch virtuell auf der Website www.bromacker.de oder bei Instagram unter bromacker_chroniken an den aktuellen Entwicklungen am Bromacker teilhaben. Hier findet ihr auch die Termine der angesprochenen Veranstaltungen.

3D-Modelle

Literatur

Lützner, H., Tichomirowa, M., Käßner, A., & Gaupp, R. (2021). Latest Carboniferous to early Permian volcano-stratigraphic evolution in Central Europe: U–Pb CA–ID–TIMS ages of volcanic rocks in the Thuringian Forest Basin (Germany). International Journal of Earth Sciences, 110, 377-398.

Lützner, H., Andreas, D., Schneider, J. W., Voigt, S., & Werneburg, R. (2012). Stefan und Rotliegend im Thüringer Wald und seiner Umgebung. Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften, 61, 418-487.

Martens, T. (2018). Scientific Importance of the Fossillagerstätte Bromacker (Germany, Tambach Formation, Lower Permian)-Vertebrate Fossils: Wissenschaftliche Bedeutung Der Fossillagerstätte Bromacker (Deutschland, Tambach-Formation, Unteres Perm)-Wirbeltierfossilien. Cuvillier Verlag.

Stubenrauch, J., & Mücklisch, M. (2020). Neue Einblicke in die Geologie des Tambach-Beckens (Rotliegend, Thüringen) mit Hilfe von 3D-Aufschluss-Modellierung. Beiträge zur Geologie von Thüringen NF, 26, 235-251.

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