Die Andesitrose bei Freisen

Posted on

Nahe des Ortes Freisen im äußersten Nordosten des Saarlands findet man im ehemaligen Steinbruch Hellerberg eine kugelförmige Gesteinsstruktur vulkanischen Ursprungs: die sogenannte Andesitrose.

Vulkanismus im Saar-Nahe-Becken

Der Steinbruch Hellerberg, und damit auch die Andesitrose, liegt im Saar-Nahe-Becken (SNB), einem spätvariszischen Intermontanbecken, welches den früheren Inselbogen der Mitteldeutschen Kristallinschwelle überlagert.

Als das stark empor gehobene Variszische Gebirge in einzelne Schollen zerfiel, entstanden synsedimentär „Rotliegendbecken“. Innerhalb des Gebirges und in seinen Vorländern kam es im frühen Perm zu störungsgebundenen Vertikalverschiebungen. Diese gliederten die Topografie der Landschaft in Höhenzüge sowie Becken, in denen sich Erosionsschutt ablagerte. Das Saar-Nahe-Becken enthält Sedimente mit insgesamt ca. 6500 m Mächtigkeit und unterlief vor 296 bis 293 Ma eine Phase intensiven Vulkanismus. Magmen fanden entlang von Störungen Wege, um aufzusteigen, wahrscheinlich kam es auch zu Erdbeben. Heute wird diese vulkanische Phase im Saar-Nahe-Becken durch das Auftreten von Intrusionen, Lavaströmen und pyroklastischen Ablagerungen belegt. Die Zusammensetzung dieser Ablagerungen reicht von Basalten über Andesite bis zu Rhyolithen und Trachyten. (von Seckendorff et al. 2004)

Stratigraphisch liegen die innerhalb des permo-karbonischen Saar-Nahe-Beckens (SNB) gebildeten Vulkanite zwischen der oberkarbonisch-prävulkanischen und der unterpermisch-postvulkanischen Sedimentabfolge. Früher wurde dieser Zeitabschnitt als Grenze zwischen Unter- und Oberrotliegend angenommen, sodass diese Ablagerungen als Grenzlager bezeichnet wurden. Zeitlich sind die Vulkanite auf den Bereich der Karbon-Perm-Grenze einzuordnen. Daher werden die Vulkanite heute eher als basaler Profilteil des Rotliegend angesehen. (Werner et al. 2003)

Effusive Vulkanite sind vornehmlich in zwei Hauptsenken verbreitet: der Primsmulde zwischen Sötern und Schmelz-Außen (ca. 150 m Mächtigkeit) und der Nahe-Mulde im Raum Freisen-Namborn (Mächtigkeiten bis über 500 m). In letzterer befindet sich auch die Andesitrose. Dort ist die Abfolge nur selten von sedimentären und pyroklastischen Ablagerungen durchzogen. Frost (1986) unterteilte die Vulkanite bei Freisen in vier Deckeneinheiten, die je Mächtigkeiten zwischen 90 und 150 m erreichen. Diese bestehen wiederum aus mehreren Lavaströmen. Lokal werden die vulkanischen Ablagerungen und Sedimentgesteine als Donnerberg Fm zusammengefasst, die einer Phase des SNB- Vulkanismus entsprechen (Schneider & Jung 1991).

Abb. 1: Geologische Karte der Region (verändert nach Meschede 2018). Die Andesitrose liegt im Saar-Nahe-Becken, einem primär mit Sedimenten gefülltes und tektonisch bedingtes Becken, in das phasenweise Magma intrudierte und Lavaströme über die Landoberfläche geflossen sind.

Andesit – Entstehung und Nutzung

Andesit ist eins der vielen vulkanischen Gesteine im Saar-Nahe-Becken. Jedoch kommt es nicht nur dort, sondern auch in anderen Teilen Deutschlands und natürlich der Welt vor. Der Name ist von den Anden in Südamerika abgeleitet, wo dieses Gestein häufig vorkommt. Namensgeber ist Leopold Freiherr von Buch (1774-1853), welcher das Gestein 1836 erstmals beschrieb. Die meisten Andesit-Vorkommen in Deutschland sind im Rotliegend zu finden, der unteren Stufe des Perms, also einem Zeitraum von ca. 300 bis 280 Ma vor heute. Solche Vorkommen finden sich unter anderem in den Regionen Thüringer Wald, in Sachsen und im Saar-Nahe-Becken. Neben Andesit finden sich dort auch andere vulkanische Gesteine, welche über ihren Kieselsäuregehalt (SiO2) unterschieden werden können. Basalt liegt mit unter 52% SiO2 am basischen Ende des Spektrums, Rhyolith mit über 69% SiO2 am sauren Ende. Der Andesit hingegen, gehört mit seinen 57%-63% SiO2 zu den intermediären vulkanischen Gesteinen. (Lapp et al. 2021)

Andesit kann dunkelgrau bis grüngrau sein und weist ein porphyrisches Gefüge auf, welches durch große Kristalle von Feldspat, Hornblende oder Pyroxen in einer feinkristallinen Grundmasse definiert ist (Best 2009). Da Andesit besonders hart und widerstandsfähig ist, findet er Verwendung als Schotter im Straßenbau und für die Betonherstellung.

Die Andesitrose am Hellerberg

Im Zuge des Baus der A62 bei Freisen wurden Anfang der 70er Jahre die Vulkanite des Hellerbergs im Steinbruch als Schotter abgebaut. Diese Vulkanite sind das Resultat neun bis zwölf effusiver Lavaströme, wovon drei im Steinbruch aufgeschlossen sind. (Werner et al. 2003)

Das Highlight des Steinbruchs stellt eine ca. 15 m hohe und breite, leicht elliptische Gesteinsformation dar: die sogenannte Andesitrose. Diese zeigt einen schalenartigen konzentrischen Aufbau – ein merkwürdiges Phänomen. Dieses ist in der Region tatsächlich auch in weiteren Aufschlüssen zu erkennen, gerade auch dort in den Bereichen, die für den Autobahnbau der A62 angeschnitten wurden. Dort zeigte sich, dass der schalenartige Aufbau nur oberflächlich ist und nicht in größerer Tiefe aushält. (Werner et al. 2003)

Abb. 2: Die Andesitrose wittert schalenartig aus der Abbauwand des Steinbruchs Hellerberg raus.

Zur Entstehung dieser zwiebelschalenartigen Gesteinsformationen werden verschiedene Ansätze diskutiert. Müller & Mihm (1971) interpretierten diese Strukturen als seichte, sekundäre Intrusionen in die bereits erkalteten Lavaströme. Die Abschalung wäre demnach das Resultat einer Abkühlungsklüftung. Dieser Ansatz basiert auf dem stark porphyrischen Gefüge im Vergleich zu den umgebenden blasigen Mandelsteinen. Geochemisch und mineralogisch sind beide Gesteine jedoch identisch (Werner et al. 2003).

Die Mandelsteine sind aber nicht nur Beiwerk zur Andesitrose: In den blasigen Hohlräumen fand man Achate, Goethit und Zeolith-Drusen von ungewöhnlicher Größe und Qualität (Werner et al. 2003).

Eine andere Theorie zur Entstehung ist eine Druckentlastung in magmatischem Gestein. Zum Beispiel ist dies möglich, wenn überlagernde Gesteinsmassen durch Erosion abgetragen werden und das darunter befindliche und zuvor komprimierte Gestein von der Auflast oder auch seitlichem Druck befreit wird. Das zuvor komprimierte Gestein dehnt sich in Richtung des nachlassenden Drucks aus. Es bilden sich Klüfte und Spalten, die sowohl parallel zur Oberfläche als auch quer dazu das Grundmuster für das schalenartige Erscheinungsbild setzen. Bereits während der Abkühlung eines Lavastromes kam es zur Anlage von Spannungsrissen. (Hahl 2011)

Wahrscheinlich ist es bei allen möglichen Theorien jedoch der Fall, dass sich wie so oft in der Natur verschiedene Prozesse überlagern. So sorgt Verwitterung dann außerdem dafür, dass Gestein ein sehr spezifisches Aussehen erhält. So verwittert Granit zu rundlichen Formen, sogenannten „Wollsäcken“ und bröckeligem Granit-Grus. Andesit kann plattige Absonderung zeigen, während Basalt sechseckige Säulen hervorbringt.

Abb. 3: Der Achatweg Freisen bietet auf einer ca. 8 km langen Wanderung Einblicke in die Geologie und Mineralogie der Region. Highlight ist die Andesitrose.

Die Andesitrose ist über den Achatweg Freisen zu erwandern. Ergänzend können die schönsten Mineralfunde aus dem Steinbruch Hellerberg und der Umgebung im Mineralienmuseum Freisen bewundert werden.

Impressionen

3D-Modelle

Schriftenverzeichnis

Best, M. G. 2009. Igneous and Metamorphic Petrology. Wiley, New Jersey

Frost, W. 1986. Unterpermische Vulkanite des SE-Flügels der Nahemulde, BRD. 1. Teil: Petrograpie und Petrologie. Chem. Erde, 45, 191-202.

Hahl, M. 2011. Wunderwerk der Erdgeschichte: Kugel mit Schalenbau. Infotafel Achatweg Freisen. proreg i.A. Gemeinde Freisen.

Meschede, M. 2018: Geologie Deutschlands. Ein prozessorientierter Ansatz, Springer, 2. Auflage.

Müller, G. & Mihm, A. 1971. Seichte Intrusionen im Verband der extrusiven Grenzlagervulkanite am Hellerberg bei Freisen (nördliches Saarland). N. Jb. Miner. Mh., 9, 385-393.

Schneider, H. & Jung, D. 1991. Saarland. Sammlung geologischer Führer, 84, Geb. Bornträger, 271 S. (Exkursion 10).

Lapp, M., Funk, S., Ehling, A., Schulz, G., Häfner, F., Wienbrock, S., Balzer, G., Dittrich, J., Schumann, A., Fox, O., Vulpius, B., Siedel, H. 2021, Andesit – Gestein des Jahres 2020/21. UVMB-Broschüre, Leipzig

von Seckendorff, V., Arz, C., Lorenz, V. 2004. „Magmatism of the late Variscan intermontane Saar-Nahe Basin (Germany): A review“, Permo-Carboniferous Magmatism and Rifting in Europe, M. Wilson, E.-R. Neumann, G. R. Davies, M. J. Timmerman, M. Heeremans, B. T. Larsen

Werner, M., Stollhofen, H., Krapf, C. 2003. Bericht zur Aufnahme von ausgewählten geologischen Aufschlüssen im Saarland zwecks Erstellung einer Geotop-Datenbank. Bericht, RWTH Aachen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert