Die Saarschleife bei Mettlach

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Die Saarschleife bei Mettlach ist eine große Flussschleife. Sie ist landschaftlich wunderschön und kann am besten vom Aussichtspunkt „Cloef“ besichtigt werden.

Der Fluss Saar entstand vor etwa 23 Millionen Jahren mit einem gewundenen Verlauf und tiefte sich in den Untergrund ein. Mit zunehmender Eintiefung wurde in mehreren Millionen Jahren das unterlagernde ältere und härtere Gestein erreicht. Als das Gebiet gehoben wurde, schnitt sich die Saar in den Untergrund und die harten Gesteine weiter ein. Wichtig sind dabei aber auch Bruchzonen im Untergrund. An diesen Schwächezonen orientiert sich der Verlauf der Saar. Die Saarschleife entwickelte sich also durch die Interaktion von Prozessen an der Erdoberfläche und im Untergrund.


Das kleinste Bundesland Deutschlands (ohne Stadtstaaten) hat seinen Namen einem Fluss zu verdanken – der Saar. Die Saar ist der längste Nebenfluss der Mosel und fließt 240 km durch Nordostfrankreich und Südwestdeutschland. An der Saar sind unzählige Flussschleifen, auch Mäander genannt, zu bewundern. Alle wurden im Wesentlichen durch Wasserkraft und Erosion erschaffen.

Die große Saarschleife bei Mettlach ist das Wahrzeichen des Saarlandes und international bekannt. Sie ist auch aufgrund der komplexen geologischen Prozesse, die schon vor vielen Millionen Jahren die Grundlage für die Entstehung dieses faszinierenden Geotops schufen, absolut einzigartig. Zudem liegt die ausladende Flussbiegung landschaftlich wunderschön und gilt als außergewöhnliche Sehenswürdigkeit. Schon Friedrich Wilhelm der IV., König von Preußen, besuchte 1856 mit Königin Elisabeth die Saarschleife bei Mettlach. Es wurde berichtet, dass „Allerhöchstderselbe ganz entzückt waren über die herrliche Aussicht, die sich vor Seinen Blicken entfaltete“ (Dadder, 2020). Die Aussichtsplattform auf dem Prallhang, von welcher der König die Aussicht auf die Saarschleife genoss, besteht bis heute und wird auch die „Cloef“ genannt (Abb. 1). Der Begriff geht entweder auf ein keltisches Wort für „steiles Tal“ zurück oder ist an den Namen des Herrschergeschlechts der Clefmont angelehnt, deren Nachfolger im Mittelalter hier herrschten. Dann käme „Cloef“ vom französischen „clé“ für Schlüssel, den sie in ihrem Wappen abgebildet hatten (Dadder, 2020). Neben dem Aussichtspunkt „Cloef“ besteht zudem seit 2016 ein 42 Meter hoher Aussichtsturm an der Saarschleife mit angegliedertem Baumwipfelpfad, der Besuchern eine Vogelperspektive auf die Saarschleife ermöglicht (siehe auch Abb. 3) (baumwipfelpfade.de).

Abb. 1: Skizze des Ausblickes auf die Saarschleife bei Mettlach vom Aussichtspunkt „Cloef“ auf dem Prallhang der Saar (Schneider, 1991).

Wie und wann entstand die Saarschleife?

Die Flussbiegung der Saar bei Mettlach ist das Ergebnis der Interaktion von verschiedenen Prozessen sowohl an der Erdoberfläche als auch im Untergrund. Die geomorphologisch spektakuläre Erscheinung hat tief reichende geologische Ursachen. Selbst für Fachleute erscheint der Mäander zunächst widersinnig im harten Taunusquarzit.

Die Saarschleife liegt eingebettet in einer dicht bewaldeten Landschaft, deren Untergrund aus unterdevonischem Taunusquarzit besteht, der diskordant von jüngeren Ablagerungen überlagert wird (Schneider, 1991). Die Sedimente, aus denen der Taunusquarzit entstand, wurden im Mittel- und Obersiegen vor etwa 410 Millionen Jahren in einem tropischen Flachmeer abgelagert und im Laufe der Zeit durch diagenetische Prozesse verfestigt (Kremb-Wagner et al., 2012). Im Karbon, vor rund 350 Millionen Jahren, deformierten tektonische Prozesse im Zuge der Variszischen Gebirgsbildungsphase diese Gesteinsschichten und falteten sie zum Gebirge auf. In den folgenden Erdzeitaltern wurde das Variszische Gebirge durch die fortschreitende Erosion größtenteils abgetragen und somit eingerumpft. Über dem Taunusquarzit liegen diskordant und flächendeckend triassische Ablagerungen des Buntsandsteins und im S und SW auch Muschelkalk (Abb. 2) (Schneider, 1991).

Abb. 2: Geologische Karte des Einzugsgebietes der Saar sowie Darstellung der geologischen Großeinheiten (veränderter Auszug aus Meschede 2018).

Vor rund 23 Millionen Jahren, am Übergang vom Oligozän zum Miozän verlief die Saar auf einer nahezu ebenen Landoberfläche, auch Peneplain genannt. Die Saar floss in diesem Zeitraum durch Gesteine des Buntsandsteins in nordwestliche Richtung und lag rund 300 m höher als heute (Schall, 1968; Schneider, 1991). Erst nach mehreren Millionen Jahren, im Laufe des Pleistozäns, erreichte die fortschreitende Eintiefung den unterlagernden, älteren Taunusquarzit (Schneider, 1991). Dieser ist stark zementiert und daher deutlich erosionsresistenter.

Diese Eintiefung ging mit tektonischen Prozessen einher. Es kam zur Hebung des Hunsrück-Südrandes und durch fortschreitende fluviale Erosion zum Einschneiden der Saar in das anstehende Gestein. Ein so entstehendes Flusstal wird antezedentes Flusstal genannt. Die erosive Wirkung, die das Einschneiden bedingt, muss also mindestens mit der gleichen Geschwindigkeit vonstattengehen wie die tektonisch bedingte Hebung.

Die Saar behielt ihre Laufrichtung bei und wurde nicht umgelenkt (Schneider, 1991). Der Flusslauf ist maßgeblich durch Störungen im Gestein bestimmt. Diese streichen NNE-SSW. Die eigentliche Fließrichtung der heutigen Saar von Süd nach Nord wird daher immer wieder gen NE abgelenkt (Becker, Kneuper & Schall, 1968). So folgt der südliche Abschnitt der Saarschleife der NNE-SSW verlaufenden Hauptkluftrichtung im Taunusquarzit, während der nördliche Teil durch eine NW-SE-gerichtete Störungszone verläuft (Abb. 3).

Abb. 3: Luftbild der Saarschleife mit gekennzeichnetem Streichen der Störungen im Gestein, die die Fließrichtung der Saar beeinflussen. Im Bild links: die Hauptkluftrichtung des Taunusquarzits streicht NNE-SSE. Im Bild rechts: Störung streicht NW-SE. Die Fließrichtung der Saar ist mit blauem Pfeil angedeutet. Im Vordergrund der Aussichtsturm des Baumwipfelpfades, davor die „Cloef“.

Ebenso wird eine epigenetische Entstehung des Mäanders unter Forschenden der Geologie und der Geomorphologie diskutiert. So soll am Rande des Hunsrücks das prä-triassische Relief von einem Gewässersystem durchzogen worden sein, das mit Oberrotliegend-Sedimenten und solchen des Mittleren Buntsandsteins verfüllt wurde (Schall, 1968; Becker, Kneuper & Schall, 1968). Als die Saar während der eiszeitlichen Eintiefung diese Schichtebene erreichte, verlagerte sie ihr Bett an einigen Stellen in diese leichter erodierbaren Sedimente. Ein Einfluss der tektonischen Grundzüge des devonischen Untergrundes wird auch bei der Anlage des prä-triassischen Gewässersystems vermutet.

Es handelt sich bei der Saarschleife also um einen antezedent angelegten Mäander, dessen besondere Form auf die Tektonik im Untergrund und die Erosionsresistenz der anstehenden Gesteine zurückzuführen ist.

Die Saar von der Quelle bis zur Mündung – aus geowissenschaftlicher Sicht

Die Saar entspringt im Nordosten Frankreichs, ca. 50 km westlich von Straßburg und mündet nach rund 240 km im rheinland-pfälzischen Konz in Südwestdeutschland in die Mosel. Anhand der geographischen Großeinheiten ist die Saar in drei Abschnitte zu unterteilen: In das obere, das mittlere und das untere Saartal (Harmand, 2007; Cordier et al., 2012). Bei Mettlach hat die Saar bereits das obere Saartal durchflossen. Dort passiert sie permische und triassische Sandsteine und Konglomerate der Vogesen und triassische Kalksteine und Mergel des östlichsten Ausläufers des Pariser Beckens (Abb. 3).

Im mittleren Saartal trifft die Saar nun auf triassischen Buntsandstein sowie magmatische Gesteine und auch auf den Taunusquarzit bei Mettlach.

Im unteren Saartal verläuft der Fluss durch devonische Schichten des Hunsrücks (Abb. 3). In den härteren Gesteinen des Hunsrücks, den Quarziten, durchquert die Saar besonders eindrucksvolle Schluchten. Unweit ihrer Mündung in die Mosel verbreitert sich das Flussbett der Saar, da sie dort durch weniger resistente Gesteine, wie Schiefer und Sandsteine, fließt (Cordier et al., 2012).

Regionales

Gedichtauszug über die Saar von Christel Ehl

Die Saar

(von der Quelle bis zur Mündung)

„Der Waldgrat und die dunkle Burg,

gefällig von ihr umwunden

und hinter rosa – schimmernder Wand,

bei der nächsten Biegung entschwunden.

Wo sich der Reiher schwingt vom Nest,

wo sich erhebt die Cloef,

wo Vogelfelsen ragen weit,

hat sie ihr schönstes Relief.

Noch einmal wendet sie den Lauf

und schon im Weiterstreben,

erwachsen ihr hangab, hangauf,

jetzt traubenschwere Reben.“

(Ehl, 1998)

Für das echte regionale Feeling wurde der Gedichtsauszug von Marietta Schmitz (im Bild) nicht nur in den moselfränkischen Dialekt übersetzt, sondern auch vorgetragen.   

Marietta Schmitz, stellv. Ortsvorsteherin Orscholz

Audiodatei des Gedichtsauszuges von Christel Ehl, vorgetragen in moselfränkischem Dialekt von Frau Marietta Schmitz.

3D-Modell

Impressionen

Literatur

Becker, H., Kneuper, G. & Schall, A. (1968): Zur Paläomorphologie im Jungvariszikum des Saarlandes. Geologische Rundschau, 58, 128–144, http://doi.org/10.1007/BF01820599.

baumwipfelpfade.de, unter www.baumwipfelpfade.de/saarschleife, zuletzt abgerufen am 05.05.2021.

Cordier, S., Harmand, D., Lauer, T., Voinchet, P., Bahain, J.-J. & Frechen, M. (2012): Geo-chronological reconstruction of the Pleistocene evolution of the Sarre valley (France and Germany) using OSL and ESR dating techniques. Geomorphology, 165-166, 91–106, http://doi.org/10.1016/j.geomorph.2011.12.038.

Dadder, R. (2020), unter www.saarland-lese.de/index.php?article_id=403, zuletzt abgerufen am 28.03.2021.

Ehl, C. (1998): Die Saar. In: Heimat- und Kulturverein Trier-Saarburg (eds.) Unweit der Saarschleife: Zeichnungen, Sagen und Gedichte aus der Saargegend. Alta Silva, Kell am See.

Harmand, D. (2007): Révision du système des terrasses alluviales de la Sarre entre Sarrebourg (France, Lorraine) et la confluence avec la Moselle à Konz (Allemagne, Rhénanie-Palatinat). Revue Géographique de l’Est, 47, http://doi.org/10.4000/rge.1536.

Kremb-Wagner, F, Koziol, M & Negendank, JFW (eds.) (2012): Trier und Umgebung: Geologie der Süd- und Westeifel, des Südwest-Hunsrück, der unteren Saar sowie der Maarvulkanismus und die junge Umwelt- und Klimageschichte; 13 Tabellen, 3., völlig neu bearbeitete Aufl. Borntraeger, Stuttgart.

Meschede, M. (2018): Geologie Deutschlands: Ein prozessorientierter Ansatz. Springer-Verlag.

Nichols, G. (2010): Sedimentology and stratigraphy, 2. ed., repr. Wiley-Blackwell, Chichester.

Schall, A. (1968): Grund- und Deckgebirge im Bereich der Mettlacher Saarschleife. Dissertation, Eberhard-Karls-Universität.

Schneider, H. (1991): Sammlung geologischer Führer: Saarland. Borntraeger, Berlin, Stuttgart.

9 Replies to “Die Saarschleife bei Mettlach”

  1. Hallo,
    Sehr ansprechend, authentisch und stimmungsvoll. Die geologischen Grundlagen sind wunderbar eingebettet in die digitale Präsentationsdarstellungsformen, sehr schön.
    Vielen Dank.

  2. Liebe Frau Hoff-Güdelhöfer,
    das freut uns sehr, dass das Modell und die Hintergrundinformationen gut ankommen. Seien Sie auf den nächsten Monat gespannt!
    Grüße aus Bonn
    Gösta Hoffmann

  3. Hallo und Glück auf! Es ist ein Trauerspiel zu sehen, wie dieses naturlandschaftlich so vielfälitge Saarland wissenschaftlich in dieser Hinsicht komplett verlassen wurde: Keine Geologie, keine Geographie an der Uni, kein Institut für Landeskunde mehr – dank unserer kurzsichtigen Politiker! Immerhin werfen hier mal Fachleute von außen einen Blick auf ein Detail dieses Schatzes – danke dafür!
    Ich versuche als Geograph und Dozent an der VHS und bei Gästeführerfortbildungen noch ein wenig die Fahne hochzuhalten. Da freut mich auch so ein Input von außen, der mich wissen läßt: Ich bin nicht ganz alleine…

    1. Lieber Markus Philipp,
      Nein Sie sind nicht alleine! Ich mache mit unseren Bremer Studenten alle 2 Jahre eine Exkursion in den Südwesten, vorwiegend ins Saarland und da ist die Saarschleife mit ihren geologischen Aufschlüssel ein wichtiges Ziel. Sehr zu bedauern ist auch, dass die geologischen Sammlungen zwar in Reeden archiviert, aber leider der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich sind. Spätestens nach dem Ende des Kohlebergbaus hat man das Gefühl, dass die Geolgie das Saarland verlassen hat, obwohl es nach wie vor im Saarland eine Menge geologischer Probleme gibt.
      Glückauf,
      Gerhard Bohrmann

  4. Lieber Herr Philipp,
    nein Sie sind nicht alleine. Wir wollen mit dem Projekt zeigen wie spannend die Geologie von Deutschland ist. Die Arbeitsgruppe besteht aus vielen Akteuren aus unterschiedlichen Institutionen. Spannend ist vor allem, dass hier sehr viele junge Menschen beteiligt sind. Das liegt unter anderem auch an dem modernen Methodenansatz, aber eben auch an der faszinierenden Geologie. Niemand verdient Geld mit diesem Projekt, alle sind mit Begeisterung freiwillig dabei. Es bleibt spannend. Gucken Sie auch nächsten Monat wieder rein, wenn das nächste Objekt online geht.
    Herzlichst,
    Ihr Gösta Hoffmann

  5. Ich liebe diese Reihe, spätestens mit der Saarschleife habt ihr auch die restlichen Nicht-Geologen im Umfeld begeistert!
    Sehr tolle Reihe!

  6. Hallo, wir waren heute an der Cloef. Im Text zur Abb. 3 sind N und S vertauscht: die Saar fließt von Süd erst durch die Störungszone und verläßt die Schleife links nach Nord entlang der Kluftzone. Oder?

  7. Ganz eindrucksvoll gestaltet. Fachlich vermisse ich aber die Berücksichtigung des Werkes „Zöller, L. (1985): Geomorphologische und quartärgeologische Untersuchungen im Hunsrück-Saar-Nahe-Raum.- 240 S., 34 Abb., 15 Tab. im Text, 5 Karten im Anh. (= Forschungen zur Deutschen Landeskunde 225), Trier.“ (Zu dieser Zeit war die Saar noch nicht aufgestaut!). Darin wird expliziet auf die Entwicklung des Entwässerungsnetzes im fraglichen Raum seit dem Oligozän und besonders auf die quartären Terrassen der Saar eingegangen. Gerade im Umfeld der Saarschleife führten Neufunde von Terrassenkörpern zu einer Revision der Ansichten über die Neotektonik.

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